Die Spiegelzwillinge - Die Buecher des Kataklysmus 1 by Sean Williams

Die Spiegelzwillinge - Die Buecher des Kataklysmus 1 by Sean Williams

Autor:Sean Williams [Unbekannt]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783902607249
Herausgeber: Otherworld by Ueberreuter
veröffentlicht: 2011-03-26T23:00:00+00:00


Die Pyramide

»Unsere Welt wurde zu einem entsetzlichen Preis geboren. Es gab einen Krieg, sagen manche – einen Krieg zwischen Göttern, deren Namen seltsam waren, und ihre Schlachten noch seltsamer. Der Krieg zwischen den Göttern zerstörte die Welt, die war, und verwandelte sie in die Welt, die ist. Die Öden, Ruinen und verwaisten Städte sind auf den Gebeinen der Toten errichtet. Unsere Lieder sind voller Traurigkeit und Verlust. Was zerbrochen wurde, kann nicht mehr verheilen.«

Das Buch der Türme, Fragment 166

Hadrians Erinnerung an Lascowicz’ Hort – ein Quadrat mit einem ›X‹, das die Ecken miteinander verband – unterschied sich erheblich von der Bodenperspektive, die er derzeit erfuhr. Zuvor, von Kybeles übernatürlichem Blickwinkel aus, hatte es wie eine einfache Anordnung von Gebäuden mit Ellis in der Mitte ausgesehen; aus wenigen Straßen Entfernung glich es einem verwirrenden Labyrinth von Mauern und Gassen. Überall ragten Türme auf. Es war unmöglich, weiter als bis zum nächsten Gebäude zu sehen, es sei denn, man stellte sich ungeschützt mitten auf eine Straße oder Kreuzung. Den einzigen Orientierungshinweis bot die in Licht gehüllte Spitze der Transamerica Pyramid, wenn sie zu erkennen war.

Erschwerend kam hinzu, dass der Unsichtbarkeitszauber einen unerwarteten Nebeneffekt hatte. Dadurch, dass sie mit dem Hintergrund verschmolzen, gelangte ein Teil des Hintergrunds in sie. Infolgedessen konnte Hadrian unmittelbarer auf der Zunge schmecken oder in der Nase riechen, als ihm lieb war. Stein, Mörtel, Glas, Stahl – und Staub, Ruß, Schimmel, Verwesung. Alles drang stetig in ihn. Er fragte sich, was geschehen würde, wenn der Zauber zu lange wirksam bliebe. Würden er und die Stadt dauerhaft verschmelzen?

Er hatte nicht die Absicht, es herauszufinden. Sorgsam auf seine Schritte achtend, um jegliche Geräusche zu vermeiden, folgte er Gurzils breitem Rücken, während Kybele sie näher zum Hort des Wolfes führte. Über ihnen hing eine dichte Wolkendecke. Regen prasselte auf sie ein, zunächst bitterkalt und nadeldünn, dann warm und dick, sättigend. Frostige Böen erfassten sie unerwartet und flauten abrupt wieder ab. Einmal rutschte Hadrian um ein Haar auf einer Oberfläche aus, die sich als Eis erwies. Das Wetter war so verrückt geworden wie die Stadt selbst.

Durch die dichten Wolken ließen sich weder Sterne noch der Mond erkennen. Das einzige Licht stammte von dem gespenstischen Schimmer, der entlang des belagerten Kerubim auf- und abraste. Hadrian hatte sich immer noch nicht zusammengereimt, ob das Licht eine Begleiterscheinung des Angriffs oder der Verteidigung dagegen darstellte, und im Augenblick spielte es wohl so oder so keine große Rolle. Wichtig war nur, unentdeckt in den Hort zu gelangen und Ellis zu finden.

Sie folgten einer Reihe von Gassen, die so beengt waren, dass sich Gurzil seitwärts fortbewegen musste, um sich hindurchzuzwängen, zugleich jedoch so hoch, dass die Dächer der Häuser in Dunkelheit verschwanden. Kybele führte sie unter einem Gewirr freiliegender Rohre hindurch, die vermutlich einst dazu gedient hatten, Dampf von einem Gebäude in ein anderes zu pumpen, sich aber nun kalt anfühlten. Schließlich gelangten sie zu einer genieteten Stahltür, vor Alter beschlagen und fleckig. Dort hielt Kybele inne, und ihr Gefolge tat es ihr gleich. Ihr Atem bildete in der kalten Luft kleine Wölkchen – abgesehen vom Galloi, der überhaupt nicht zu atmen schien.



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